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Fortbestand einer Einwilligung in die Zusendung von E-Mail-Werbung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab

Wie lange eine einmal erteilte Einwilligung fortbesteht und ob sie durch Zeitablauf erlöschen kann, ist Rechtsprechung und Literatur umstritten und bisher nicht abschließend geklärt.

Die Auffassung, dass es bei der Frage nach dem Fortbestand einer einmal erteilten Einwilligung auf die Umstände des Einzelfalls ankommt, hat nun das AG München in seinem Urteil vom 14.02.2023 (Az.: 161 C 12736/22) vertreten.

So darf nach Auffassung des AG München ein Werbender jedenfalls dann nicht mehr vom Fortbestand einer einmal erteilten Einwilligung ausgehen, wenn über einen Zeitraum von vier Jahren ein Account, bei dessen Erstellung ein Newsletter abonniert wurde, nicht mehr genutzt und in dessen Kenntnis auch keine Werbung mehr versandt wurde. Der Werbende habe sich in diesem Fall vor der neuerlichen Zusendung von Werbemail beim Empfänger zu erkundigen, ob die ursprüngliche Einwilligung noch fortbesteht.

Indem, dem Urteil zugrundliegende Fall hatte der Kläger sich im August 2015 im Rahmen der Accounterstellung auf dem Portal der Beklagten zu deren Newsletter angemeldet. Den vorerst letzten Newsletter erhielt der Kläger daraufhin im Dezember 2017.

Im Dezember 2021 und in der Folgezeit erhielt der Kläger dann erneut Werbemails der Beklagten zugesendet. Der Kläger erkundigte sich darauf hin bei der Beklagten, inwieweit dieser eine Einwilligung seiner Person in den Erhalt von Werbemails vorliege und ließ diese dann im Februar 2022 anwaltlich abmahnen. Die Beklagte solle es künftig unterlassen, ihm E-Mails mit werblichem Inhalt zuzusenden.Die Beklagte lehnte die Ansprüche des Klägers ab und verwies auf die auf die Newsletteranmeldung im Rahmen der Accounterstellung aus dem Jahr 2015.

Das AG München teilte die Ansicht des Klägers, dass die Zusendung der Werbemails im Dezember 2021 und Januar 2021 ohne seine Zustimmung erfolgte und ihm ein Anspruch auf Unterlassung gegen die Beklagte zustehe. Angesichts der Umstände des Einzelfalls war die im Jahre 2015 erteilte Einwilligung infolge Zeitablaufs nicht mehr wirksam. Der Beklagten sei nach eigenen Angaben bekannt gewesen, dass Kläger seinen Account nicht mehr genutzt habe, zudem habe es die Beklagte über vier Jahre hinweg unterlassen, dem Kläger Werbemails zuzusenden. Sie habe im Dezember 2021 daher nicht davon ausgehen dürfen, dass die Einwilligung aus dem Jahr 2015 fortbestehe, sondern sich erkundigen müssen, ob dies noch der Fall sei.

Werbetreibende sollten sich künftig nicht mehr einfach auf den Fortbestand einer einmal erteilten und nicht widerrufenen Werbeeinwilligung verlassen, sondern ein besonderes Augenmerk auf die Umstände des Einzelfalls legen. Fragen, die sich dabei stellen sollten, betreffen die Umstände, unter denen die Einwilligung erteilt wurde, den Zeitpunkt des letzten erfolgten Versands einer Werbemail an die betroffene Person sowie weiter Anhaltspunkte, die dafür sprechen, dass eine Einwilligung nicht mehr besteht.

Haben Werbetreibende eine Einwilligung längere Zeit nicht mehr genutzt, so sei Ihnen angeraten, vor dem ersten neuerlichen Versand von Werbemails die Einwilligung zu erneuern, so auch die Empfehlung des Europäischen Datenschutzausschusses in seinen Leitlinien 05/2020 zur Einwilligung gemäß Verordnung 2016/679. Der Europäische Datenschutzausschuss empfiehlt dieses Vorgehen für Einwilligungen, die länger als zwei Jahre nicht genutzt wurden.

Die Erneuerung der Einwilligung hat den Vorteil, dass betroffene Personen stets aktuell informiert bleiben, wofür ihre Daten genutzt werden und Werbetreibende sichergehen können, dass ihre E-Mail Werbung auch wirklich erwünscht ist.