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Modernisierung des EU-Verbraucherrechts

Im Rahmen der Richtlinie zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union sind Änderungen an deutschen Vorschriften vom Gesetzgeber vorgenommen worden. Zwei der deutschen Umsetzungsgesetze treten am 28. Mai in Kraft. Wir haben die wichtigsten Änderungen für Sie zusammengefasst.

Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen

In Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 BGB wurde Folgendes angepasst. Bei Fernabsatzverträgen muss künftig stets eine Telefonnummer angegeben werden. Dagegen entfällt die Pflicht, eine Faxnummer angeben zu müssen. Neben der Telefonnummer und der E-Mail-Adresse sind zusätzlich sonstige Kommunikationsmittel zu nennen, sofern diese gewährleisten, dass der Verbraucher seine Korrespondenz mit dem Unternehmer, einschließlich Informationen über Datum und Uhrzeit, auf einem dauerhaften Datenträger speichern kann, z. B. Messenger-Dienste, falls diese angeboten werden. Außerdem müssen Angaben zum Bestehen eines Gewährleistungsrechts auch bei digitalen Inhalten und Dienstleistungen erfolgen sowie Angaben zur Funktionalität, Kompatibilität und Interoperabilität.

Transparenzpflichten für Online-Marktplätze

Der neue § 312k BGB bezieht sich auf Online-Marktplätze. Ein Online-Marktplatz ist demnach ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung von Software, die vom Unternehmer betrieben wird, Fernabsatzverträge mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen.

In Art. 246d § 1 EGBGB befinden sich künftig die neuen Informationspflichten, die der Anbieter des Online-Marktplatzes erfüllen muss.

Der Anbieter muss demgemäß die Hauptparameter für das Ranking der Suchergebnisse der Angebote beschreiben und ihre relative Gewichtung im Verhältnis zu anderen Parametern erläutern. Dies wird auch vom neuen § 5b Abs. 2 UWG gefördert.

Außerdem muss auf wirtschaftliche Verflechtungen zwischen dem Betreiber des Online-Marktplatzes und dem Anbieter hingewiesen werden. § 3 Abs. 3 UWG enthält sogar ein Verbot verdeckter Werbung in Suchergebnissen.

Zudem sollte der Betreiber eines Online-Marktplatzes verlangen, dass der Anbieter seinen Status als Unternehmer oder Verbraucher auf dem Online-Marktplatz offenlegt. Falls es sich nicht um einen Unternehmer handelt, muss darauf hingewiesen werden, dass die europäischen Verbraucherschutzvorschriften keine Anwendung finden.

Darüber hinaus sollen Verbraucher darüber informiert werden, welche sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen, wie z. B. Lieferung, vom Betreiber des Online-Marktplatzes übernommen werden.

Auch muss der Betreiber eines Online-Marktplatzes den Verbraucher darüber informieren, falls ein Anbieter eine Eintrittsberechtigung für eine Veranstaltung weiterverkaufen will und ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Veranstalter nach Angaben des Anbieters einen Preis für den Erwerb dieser Eintrittsberechtigung festgelegt hat.

Insbesondere bei der Verwendung von Vergleichsportalen müssen Verbraucher über die Anbieter informiert werden, deren Angebote bei der Erstellung des Vergleichs berücksichtigt wurden (sogenannte Positivliste der Anbieter).

Die Informationspflichten der Online-Marktplätze müssen nach Art. 245d § 2 EGBGB in klarer, verständlicher und in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise zur Verfügung gestellt werden. Die Angaben zum Ranking und, im Falle eines Vergleichportals, zu der Berücksichtigung der Anbieter müssen zudem unmittelbar und leicht zugänglich sein.

Informationen bei Bewertungen

§5b Abs. 3 führt eine neue Informationspflicht für Unternehmer ein. Dementsprechend müssen Unternehmer die Verbraucherbewertungen zugänglich machen und Verbraucher darüber informieren, ob und wie sie sicherstellen, dass die Bewertungen tatsächlich von Verbrauchern stammen. Außerdem ist durch die neue Nr. 23b des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG die Behauptung, dass Bewertungen von Verbrauchern stammen, wenn sie keine angemessenen und verhältnismäßigen Schritte unternommen haben, um zu überprüfen, ob dies auch der Fall ist, untersagt. Auch dürfen Unternehmer nicht an der Abgabe gefälschter Verbraucherbewertungen beteiligt sein.

Personalisierte Preisbildung

Darüber hinaus wird nun unter Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 6 EGBGB explizit vom Unternehmer verlangt, bei Vorliegen einer, auf Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung personalisierten, Preisbildung diesen Umstand offenzulegen.

Verbot der Vermarktung wesentlich unterschiedlicher Waren als identisch

Nach § 5 Abs. 3 Nr. 2 ist eine geschäftliche Handlung künftig auch irreführend, wenn eine Ware in einem Mitgliedstaat der EU als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der EU auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden. Eine unlautere Irreführung liegt nicht vor, wenn die Abweichungen durch objektive und legitime Faktoren gerechtfertigt sind.

Widerrufsrecht auch bei kostenfreien Dienstleistungen

Die Anpassungen im § 356 Abs. 4 BGB sind auf den neuen Anwendungsbereich der Verbraucherrichtlinie zurückzuführen. Dieser wurde auf Verträge über die Bereitstellung digitaler Dienstleistungen erweitert, in denen Verbraucher sich nicht nur zur Zahlung eines Preises verpflichten, sondern dem Unternehmer auch personenbezogene Daten zur Verfügung stellen.

Das Widerrufsrecht erlischt bei Verträgen über Dienstleistungen, die den Verbraucher nicht zur Zahlung verpflichten, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat. Wenn es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt, ist die Dienstleistung nicht bereits bei erstmaliger Bereitstellung vollständig erbracht.

Gem. § 356 Abs. 5 S. 1 BGB erlischt das Widerrufsrecht bei Verträgen über die Bereitstellung digitaler Inhalte, die nicht auf einem dauerhaften Datenträger geliefert werden und die den Verbraucher nicht zur Zahlung eines Preises verpflichten, wenn der Unternehmer mit der Vertragserfüllung begonnen hat. Bei Verträgen über die Bereitstellung digitaler Inhalte, die nicht auf einem dauerhaften Datenträger geliefert werden und die den Verbraucher zur Zahlung eines Preises verpflichten, ist künftig für das Erlöschen des Widerrufsrechts zusätzlich zu der ausdrücklichen Zustimmung und der Bestätigung des Verbrauchers die Zurverfügungstellung einer Bestätigung des Vertrags auf einem dauerhaften Datenträger nach § 312f BGB notwendig.

Im neuen § 357a BGB wird die Wertersatzpflicht bei Waren und digitalen Inhalten geregelt. Diese Pflicht war zuvor in §357 Abs. 7-9 BGB zu finden. Die Änderungen beziehen sich lediglich darauf, dass klargestellt wurde, dass die Pflicht nur bei Verträgen, für die der Verbraucher zur Zahlung eines Preises verpflichtet ist, gilt. Eine inhaltliche Änderung wurde hier nicht vorgesehen.

Wenn im Falle eines Fernabsatzvertrags nur eine begrenzte Darstellungsmöglichkeit besteht, müssen Unternehmer die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs später in geeigneter Weise bereitstellen.

Individuelle Rechtsbehelfe

Um Lücken im Rahmen individueller Rechtsbehelfe von Verbrauchern zu schließen, enthält das UWG im § 9 Abs. 2 künftig einen Schadensersatzanspruch für Verbraucher, die durch eine vorsätzliche oder fahrlässige unlautere geschäftliche Handlung zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst worden sind, die sie andernfalls nicht getroffen hätten, und hierdurch geschädigt worden sind.

Verschärfte Sanktionen

Auch wurden die Sanktionen für Verstöße gegen der Verbraucherrichtlinie und die Klauselrichtlinie verschärft. Art. 246e EGBGB and § 19 UWG sehen Bußgelder bis zu 4% des Jahresumsatzes oder bis zu zwei Millionen Euro vor.